Oberstufenschüler*innen diskutieren mit Regisseur Florian Opitz über Wachstum

SYSTEM ERROR  

Wiesbaden/28. Januar 2019
Text: Sahel Shoghi-Ghaleshahi, Katharina Dehl, Ana Lia Jessen (Klasse Eb)
Fotos: C. Rost

Am 28. Januar 2019 hatten etwa 300 Oberstufenschüler-/Innen der GBS die Möglichkeit, den neu ausgestrahlten Dokumentarfilm ,,System Error” von Florian Opitz in der Filmbühne Caligari in Wiesbaden anzusehen. Im Anschluss wurde der Regisseur über Skype live aus Berlin zugeschaltet und die Schüler-/Innen konnten mit ihm über die Thesen in seinem Film diskutieren. Die Veranstaltung wurde in Kooperation mit dem Medienzentrum in Wiesbaden durchgeführt. 

Opitz setzt sich in seinem Film kritisch mit dem Wachstumsdogma aller modernen Marktwirtschaften auseinander und zeigt die langfristigen Folgen dieses Aspekts des Kapitalismus auf. 

Der Kapitalismus bezeichnet ein Phänomen, das nach dem Zweiten Weltkrieg seinen Lauf nahm. Es bezeichnet eine Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung und eine Epoche in der Wirtschaftsgeschichte. Der Kapitalismus bestimmt unser ganzes Leben. Denn im Kapitalismus muss der Konsum ständig wachsen, denn anders können wirtschaftliche Gewinne kaum realisiert werden. Systematisch werden soziale Kosten und ökologische Lasten „unserer Lebensweise“ ausgelagert, im Kleinen wie im großen Maßstab. Wir leben daher nicht über unsere Verhältnisse; wir leben über die Verhältnisse anderer. Und wir alle verdrängen unseren Anteil an dieser Praxis.  Er zwingt unsere Gesellschaft zu ewigem Wachstum. 

Opitz stellt die Frage, wann das Wachstum unserer globalen Welt endet. Um uns unterschiedliche Meinungen zu zeigen und der Frage nachzugehen, warum am Wachstum immer noch festgehalten wird, lässt er Vertreter der Wirtschaft zu Wort kommen und aus ihrer Sicht erklären, warum das Wirtschaftswachstum notwendig sei. Neben Hedgefond- und Versicherungsmangern, Agrarökonomen in Brasilien und Wirtschaftslobbyisten interviewt er Donald Trumps Ex-Berater, Anthony Scarmucci. Dabei verzichtet Opitz auf eine eigene Kommentierung. Klar wird, dass die meisten Wachstum befürworten und sich dieses wie ein Naturgesetz (z.B. die Schwerkraft) vorstellen, welches deshalb unabänderlich sei. 

Wieso ist der Film in der aktuellen Zeit für unsere Gesellschaft so wichtig?

Diesem unerschütterlichen Glauben an das Wachstum stellt Opitz, Marx Zitate gegenüber, der als einer der Ersten die Folgen des Kapitalismus sah und kritisierte. Dadurch zeigt er uns noch mal wie präsent dieses Thema ist und das schon für eine lange Zeit.  

 Anhand einer Interviewpassage mit Soja- und Geflügelproduzenten aus Brasilien zeigt er eindrucksvoll die Auswirkungen des Wachstumsgedanken auf die Umwelt auf. Diese gehen so weit und sagen, dass sogar der Teil Regenwald, den sie wegen Umweltgesetzen stehenlassen müssen, einfach nur ein Störfaktor ist und ihnen das Business kaputt macht.

Der Film hat eine sehr eindringliche Stimmung und versucht uns vor allem die Seite der Kapitalisten zu verdeutlichen, während er allerdings deutlich macht, dass er das System nicht unterstützt. In dem Interview, dass wir danach mit Florian Opitz führen durften, legte er uns nochmal ans Herz, das Wirtschaftssystem nicht einfach hinzunehmen und für unsere Zukunft zu kämpfen. Laut Opitz befindet sich unser System in einer Krise und er macht uns klar, dass wir etwas dagegen unternehmen sollten. 

Er stellt keine Alternativen zum Kapitalismus vor, sagt allerdings, dass wir als Einzelne noch mal mehr Wert auf unseren Konsum achten können und darüber nachzudenken, wie viel wir wirklich brauchen. Außerdem meint Herr Opitz in der Diskussionsrunde, dass wir uns vermehrt über die aktuelle Situation unseres Systems beschweren sollten. Als positives Beispiel nimmt er Bezug auf die aktuellen Freitagsproteste von Schüler*innen gegen den Klimawandel und die Totenlosigkeit der Regierungen (#FridayForFuture). 

Der Film ist dadurch umso wichtiger für uns, da wir als Einzelpersonen uns klar machen müssen, wie unsere Zukunft sich entwickeln könnte, wenn wir nicht aktiv werden. Optiz appelliert an uns, wirtschaftliche Zusammenhänge verstehen zu wollen und uns nicht durch Experten verunsichern zu lassen. Nur wenn wir das System verstehen, können wir es auch ändern. Opitz sieht deshalb trotz der negativen Gegenwart optimistisch in die Zukunft und hofft auf den Aktivismus der nächsten Generation: “Pessimism of the mind, Optimism of the will.” 

 Wie hat uns der Film und die Diskussion gefallen? 

Der Film hat uns geholfen, unser Wirtschaftssystem, den Wachstumsgedanken und die Argumentation seiner Unterstützer besser zu verstehen.  

Schade ist, dass er allerdings nicht wirklich auf alternative Systeme oder Lösungsmöglichkeiten eingeht und nur seine eigene Meinung darstellt. Er zeigt während des Filmes ganz klar, dass er persönlich kein Fan des Kapitalismus ist. Diese Meinung betont er allerdings manchmal so stark, dass man sich selber schlecht eine eigene Meinung bilden kann. Opitz stellt im Interview dazu auch klar, dass er als Filmemacher aber auch gar nicht den Anspruch hat, Objektivität anzustreben, da dies grundsätzlich nicht möglich sei.  Persönlich denken wir, dass er mehr Kontroversität hätte zulassen können, um so dem Einzelnen eine Chance zu geben, das Gehörte selbst einzuordnen.                                                 

Auch geht er nur kurz auf die Umweltproblematik ein. Dies ist zwar verständlich, da er einen Schwerpunkt auf die wirtschaftlichen Zusammenhänge des Systems legt, für uns wäre dies aber doch wichtig für das Verständnis der Auswirkungen und als Stärkung seiner Argumentation gewesen. Die Natur ist ein wichtiger Teil dieser Erde und wenn wir nicht wissen, was mit ihr passiert, dann können wir die Folgen auch nicht erahnen.                                      

Insgesamt hat uns der Film und die Diskussion sehr gut gefallen, da wir so ein tieferes Verständnis über unser Wirtschaftssystem die Folgen des Wachstumsgedanken erlangen konnten.  

Wir bedanken uns bei dem Wiesbadener Medienzentrum, dem Calligari und Herrn Rost, die uns ermöglicht haben, dass wir Gutenbergschüler/-Innen den Film System Error ansehen konnten.  

Außerdem wollten wir uns noch bei Herrn Opitz dafür bedanken, dass er sich die Zeit genommen hat mit uns über seinen Film zu diskutieren, Fragen zu beantworten und diesen Film zu drehen.