Zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust

„Die Erinnerung darf nicht enden; sie muss auch künftige Generationen zur Wachsamkeit mahnen. Es ist deshalb wichtig, nun eine Form des Erinnerns zu finden, die in die Zukunft wirkt. Sie soll Trauer über Leid und Verlust ausdrücken, dem Gedenken an die Opfer gewidmet sein und jeder Gefahr der Wiederholung entgegenwirken.“

So sagte es Roman Herzog 1996, damals Bundespräsident, als er den 27. Januar zum Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus ausrief.

Kann man heute, 77 Jahre nach der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau durch die Rote Armee behaupten, dass wir dieser Zielsetzung nachgekommen sind?

In einer Zeit, in der das deutsche Vokabular durch neue Begriffe der Abscheulichkeit ergänzt wird, in der alte Begriffe ein unwillkommenes Comeback haben oder in der das Wort „Spaziergang“ eine etwas unangenehme Konnotation erhalten hat, seitdem besagte Spazierende ihre Ausflüge mit Fackeln ausstatten?

In einer Zeit, in der Jana aus Kassel die Nerven hat, sich auf einer Demo wie Sophie Scholl zu fühlen, die ihr Leben für den Widerstand gegen den Nationalsozialismus gelassen hat, wohingegen Jana an einer Demo teilnehmen und dort ihre Ansichten äußern kann, ohne dabei große Hürden überwinden zu müssen?

Nicht nur die Sprache hat sich seit Beginn der Pandemie verändert, es sind vor allem die Taten von rechtsextremen Gruppierungen, die sich unverschämterweise die „Mitte der Gesellschaft“ nennen, die sogar noch extremer geworden sind. Tatsächlich hat die Anzahl dieser politisch motivierten Straftaten im Jahr 2021 einen traurigen Rekord gebrochen.

In Zeiten wie diesen ist es wichtig, als demokratische Gesellschaft zusammenzustehen, um den Verschwörungstheorien der Querdenker und der Gewalt der Extremisten zu trotzen. Doch dies wäre nichtig, wenn wir nicht die jüdischen Gemeinden und andere Gruppen, die noch immer Opfer von Gewalt und Marginalisierung werden, in die Mitte dieses solidarischen Kerns rücken, um vor allem diese zu schützen.

Eine Demokratie ist am schönsten, wenn es unterschiedliche Menschen und Meinungen gibt, die sich auf einer Basis von gegenseitigem Respekt und der Einhaltung gemeinsamer Regeln bewegen.

Demokratie heißt Vielfalt und diese muss unter allen Umständen bewahrt werden. Aber auch die Erinnerung muss bewahrt werden, um uns vor Augen zu führen, was sonst passieren könnte und bereits passiert ist.

Layma Brunnmeier (Q3)
AG Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage